23. Oktober 2020

Lock down light

23. Oktober 2020

Lock down light

 „Lockdown-light“ - rechtswidrig oder absolut notwendig?

 

Im Jahr 2020 wurden Betriebe und Unternehmen vor ganz neuen Herausforderungen gestellt: Betriebsschließung zur Vermeidung der Ausbreitung des Covid-19-Viraus. Dabei wird immer wieder erwähnt, wie wichtig es ist, diese Pandemie einzugrenzen und das Ausmaß der Folgen zu minimieren.

 

Seit dem 02.11.2020 gibt es zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Art „Lockdown“. Dies bedeutet, dass Betriebe vollständig schließen müssen und die Ausübung des Gewerbes untersagt wird.

 

Dabei werden sowohl von Bundesebene, als auch von Landesebene Beschlüsse und Verordnungen erlassen.

 

Die Stimmen gegen den derzeitigen Lockdown werden immer lauter und es stellt sich die Frage, ob die Verordnungen und Beschlüsse überhaupt rechtmäßig sind.

 

Mittlerweile müssen sich mit dieser Frage auch die Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht befassen. In einigen Bundesländern haben mehrere hundert Gewerbebetreibende bereits Eilanträge gestellt, damit sie ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen.

 

Der Beschluss der Bundesregierung ist dabei unwirksam.

 

Die neuen Maßregeln werden auf das Infektionsschutzgesetz zurückgeführt. Dabei sollen gemäß § 16 Abs. 1 IfSG diejenigen Maßnahmen ergriffen werden, welche für notwendig erachtet werden.

 

Problematisch ist insoweit, dass nur die Landesregierungen von dem Infektionsschutzgesetz zum Handeln ermächtigt werden. So legt § 17 Abs. 1 IfSG fest, dass die Landesregierungen ermächtigt werden, Verordnungen zu erlassen, welche geeignete Maßnahmen i.S.v. § 16 abs. 1 IfSG treffen.

 

Der Beschluss der Bundeskanzlerin und den Regierungschefs der Länder vom 28.10.2020 ist daher nicht wirksam, da eine Ermächtigung fehlt. Dies haben zudem die Länder gesehen. So steht am Ende des Protokolls, dass das Land Thüringen dem Bundestagspräsidenten zustimmt, dass die Ermächtigungsgrundlagen für Ausgangssperren, Kontaktverbote und Lockdowns erst noch geschaffen werden muss.

 

Fakt ist also, dass die entsprechenden rechtlichen Grundlagen für sämtliche Beschränkungen und der Betriebsschließungen noch nicht geschaffen sind.

 

Nichts anderes ergibt sich aus den Landesverordnungen. Zwar sind die Landesregierungen dazu ermächtigt, entsprechende Verordnungen zu erlassen.

 

Verkannt wird dabei jedoch, dass zum einen aufgrund der nur teilweise angeordneten Schließungen eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Dabei ist nicht auf das Öffnen von notwendigen Betrieben abzustellen, sondern es werden Vergleich gezogen, warum die Friseurbetriebe geöffnet bleiben dürfen unter Einhaltung eines Hygienekonzepts, während andere Dienstleistungsbetriebe,  wie Tattoo- und Piercingstudios, Nagelstudios, Kosmetikstudios schließen müssen.

 

Viel wichtiger ist dabei jedoch, dass nicht nur Art. 3 Abs. 1 GG verletzt wird, sondern ebenfalls das Recht auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG.

 

Hervorzuheben ist, dass § 16 IfSG eine Ermächtigungsgrundlage für den Eingriff in die Grundrechte der Unverletzlichkeit der Wohnung, der Freizügigkeit und allgemeinen Handlungsfreiheit schafft. Einen Eingriff in die Berufsfreiheit sieht daher bereits das Infektionsschutzgesetz nicht vor.

 

Zum anderen sind die Schließungen nicht verhältnismäßig. In der Vergangenheit hat sich bereits gezeigt, dass in den geschlossen Dienstleistungsbetrieben, wie Nagelstudios, aber auch Restaurants, eine Infektion mit dem Covid-19-Virus kaum bis nicht vorlag.

 

Es bestehen zudem Hygienekonzepte, welche eingehalten werden. Diese Hygienekonzepte werden auch in anderen Betriebsbereichen, wie dem Einzelhandel, welcher nicht untersagt wurde, umgesetzt und für ausreichend empfunden, um die Ausbreitung der Virus weiter einzudämmen.

Dies gilt ebenfalls für Friseurbetriebe.

 

Warum sollte dies also nicht für andere Dienstleistungsbetriebe gelten?

Kann eine solche Differenzierung überhaupt vorgenommen werden?

 

Aus den vorgenannten Gründen dürfen bereits die ersten Betriebe, so Piercing- und Tattoostudios, im Saarland wieder öffnen, da die Verordnung wohl nicht rechtmäßig ist. Im Eilverfahren haben die Senate entschieden, dass bis zur endgültigen Klärung, die Betriebe wieder öffnen dürfen.

 

Bei dem Vorgenannten stellt sich jedoch die Frage: Hätten die Betriebe überhaupt geschlossen werden dürfen unter den Anforderungen des § 16 IfSG?

 

Die Antwort darauf ist klar: Nein!

Denn die Umsetzung der Hygienekonzepte ist bei stringenter Einhaltung ausreichend genug, damit die Ausbreitung des Virus verhindert wird.

 

 

Michelle Mayer

Rechts­anwältin