Ihr Ehegatte kann ohne Ihre Zustimmung wirksam Ihre Vollkaskoversicherung kündigen
Der BGH hat am 28.02.2018 entschieden, dass ein Ehegatte die auf seinen Ehepartner abgeschlossene und laufende Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug auch ohne dessen Vollmacht kündigen kann (Urteil vom 28.02.2018, Az. XII ZR 94/17).
Der Fall:
Die Ehefrau unterhielt eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für ein auf ihren Ehemann zugelassenes Familienfahrzeug. Der Ehemann kündigte die Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug mit einem nur von ihm unterzeichneten Schreiben, um Kosten einzusparen. Die Versicherungsgesellschaft stellte einen – die Vollkaskoversicherung nicht mehr enthaltenden – neuen Versicherungsschein aus und erstattete zu viel gezahlte Beiträge.
Das versicherte Familienfahrzeug wurde schließlich am 05.10.2015 bei einem durch die Ehefrau selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf einen Betrag in Höhe von knapp EUR 13.000,00. Diese Kosten verlangte die Ehefrau von der Versicherungsgesellschaft ersetzt.
Die Ehefrau widerrief außerdem die Kündigung der Vollkaskoversicherung.
Die Vollkaskoversicherung lehnte eine Regulierung ab und begründete dies damit, dass kein Versicherungsschutz mehr bestehen würde, weil der Ehemann die Vollkaskoversicherung bereits gekündigt habe. Die Versicherung führte weiter aus, dass, obwohl Versicherungsnehmerin die Ehefrau gewesen sei, der Ehemann trotzdem habe wirksam kündigen können. Denn es es habe sich um ein Rechtsgeschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs gehandelt (§ 1357 BGB) und der Ehemann habe die Ehefrau wirksam vertreten.
Das Landgericht hat die Klage der Ehefrau abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Ehefrau zurückgewiesen. Beide Gerichte haben ihre Entscheidungen auf die Regelung des § 1357 BGB gestützt. Der BGH hat nun entschieden, dass die Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts richtig gewesen sind.
Eine Ehe, führt zwar nicht automatisch dazu, dass die Ehegatten sich untereinander wirksam vertreten können; eine Ausnahme gilt aber, wenn es sich um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs handelt (§ 1357 BGB), so der BGH. Die Kündigung eines Ehegatten kann unter diesen Umständen für den anderen Ehegatten wirksam sein. Die Richter haben in dem hier vorliegenden Fall, den Abschluss einer Vollkaskoversicherung dem Anwendungsbereich des § 1357 Abs. 1 BGB zugeordnet. Bei dieser Beurteilung komme es auf den jeweiligen individuellen Zuschnitt der Familie und auf den Bezug zum Familienunterhalt an, so der BGH. Ist der Abschluss einer Vollkaskoversicherung danach ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs, so könne dies ebenso die Kündigung einer Vollkaskoversicherung sein, so der BGH weiter.
Der Widerruf der Ehefrau war unwirksam; ein Widerruf nach Zugang der Kündigung ist nicht mehr möglich und die Kündigung hatte die Beendigung des Versicherungsverhältnisses zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt zur Folge.
Ergebnis – die Umstände des Einzelfalls sind ausschlaggebend
Die hier erläuterte Entscheidung des BGH lässt sich nicht verallgemeinern. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an.
In dem hier vorliegenden Fall war es so, dass auch nicht eindeutig auszuschließen war, dass die Ehefrau Kenntnis von der Kündigung des Ehemanns hatte und diese erst hinterher „rückgängig machen“ wollte, um den am Familienfahrzeug entstandenen Schaden über die Versicherung regulieren zu können.
Ferner verfügten die Ehegatten nicht jeder über ein eigenes Auto, sondern nur gemeinsam über das Familienfahrzeug. Bei jeweils eigenen Fahrzeugen der Ehegatten, würde sich die Rechtslage anders darstellen.
Ob ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs vorliegt, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.
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Rechtsanwältin Katharina Möhn
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